Dirk Wienecke (o-livro.de)
smith and piayda: 10 years of collision/collaboration
review on alec smith songs from 2006
 
  Mitte der 90er Jahre trafen sich an einem Ort, in dem es – wenn man dem Namen des Ortes Glauben schenkt – feuchte Kirchen gibt, zwei junge Männer. Ich glaube, ihre Geschichte inzwischen so gut zu kennen, dass es mir erlaubt ist, zu sagen, dass sie ziemlich unterschiedlich waren. Aber sie teilten zwei Leidenschaften: Sie spielten mit Begeisterung Gitarre und sie hatten beide eine Schwäche für die Musik von Queen. So trafen sie sich, spielten Cover-Versionen ein und feilten an ihren eigenen, ersten Songs. Es gibt eine ganze Kiste mit Kassetten und Aufnahmen aus dieser Zeit, die bis heute nur ein kleiner, ein viel zu kleiner Kreis zu hören bekommen hat. Darunter solche Perlen wie das Cover des Queen-Klassikers "Breakthru" und die sehr eigensinnige Adaption von Björks "Jóga". Der wunderbar skurrile und durchgeknallte "McBeth-Song" gehört noch heute zu meinen absoluten Favoriten. Aber auch erste Demo-Versionen von Songs, die uns später auf den Solo-Alben von Sven wieder begegneten, oder die Klassiker von Mr. Smith wie "Belladonic Haze" oder "Destiny" zählen dazu.

Diese ersten "Smith & Piayda Sessions" sind inzwischen Legende. Die Beiden können auf eine musikalische Zusammenarbeit zurückblicken, die, obgleich eher von episodischem Charakter, inzwischen mehr als zehn Jahre andauert. Um drei Sven-Alben wurde seitdem meine CD-Sammlung bereichert und zahlreiche andere Projekte wie der Dissidenten Club oder Sellafield zeugen von der ungebrochenen Kreativität, mit der Sven seine musikalischen Ideen verwirklicht. Die "Smith & Piayda Sessions" sind unterdessen zu einem Ereignis mit Seltenheitswert geworden, was bedauerlich ist angesichts der Qualität der Aufnahmen, die bei diesen selten gewordenen Treffen zustande kommen. Sven hat dabei in den letzten Jahren immer mehr die Rolle des Produzenten und kreativen Beraters eingenommen (ist mein Eindruck) und zweifellos sind es seine musikalische Profession und sein technisches Know-how, die den Aufnahmen von Mr. Smith zu Gute kommen. Die Zusammenarbeit ist nicht einfacher geworden. Der musikalische Hintergrund der beiden Musiker hat sich verändert. Aber vielleicht ist es gerade diese Unterschiedlichkeit, diese unterschiedlichen Blickwinkel, die diese Sessions so interessant machen und kreative Wechselwirkungen schaffen.

Mr. Smith konzentriert sich weiterhin sehr stark auf das klassische Songwriting. Aber auch er hat sich verändert. Zunehmend sind es deutsche Texte, zu denen er seine Musik schreibt und wahrscheinlich bin ich zu einem nicht unbeträchtlichen Maße schuld daran. Alles begann 2002 mit der Vertonung eines kleinen, verrückten, fiktionalen Liebesgedichtes mit dem Titel "Grüne Haare", das von mir stammt und das Smith & Piayda gleich in zwei unterschiedlichen Versionen aufnahmen. Es schmeichelt dem Ego eines Dichters ungeheuer, wenn diese kleinen, nackten Texte, die er aus seinem Hirn gewrungen und in die Welt gesetzt hat, plötzlich in den edlen Gewändern der Musik die Bühne betreten. Diese erste Vertonung zählt auf jeden Fall zu den schönsten Geschenken, die ich je bekommen habe. Es folgten weitere: "Das Schweigen", "Sei still", "Im Eis" und "Burn it away". Von dem letzteren Lied gibt es eine verdammt geniale Aufnahme, die ihr euch hier im Sven-Net-Radio unbedingt mal anhören müsst. Es kommt mir ein bisschen so vor, als wäre ich in den letzten Jahren bei den "Smith & Piayda Sessions" so etwas wie der unsichtbare Dritte gewesen.


In diesem Jahr gab es wieder ein neues Zusammentreffen und uns liegen jetzt drei neue Songs von Alec Smith vor:

Someones Killers
Ich muss zugeben, dass ich ein klein wenig eifersüchtig auf dieses Lied und diese Aufnahme bin, weil sie so gut ist, aber es mir nicht vergönnt war, den Text dazu zu schreiben. Hier passt einfach alles zusammen: Gitarre, Gesang, Bass, Rhythmusgruppe. Dies ist eine rundum gelungene Aufnahme und der beste Beweis dafür, wie gut die Zusammenarbeit von Alec Smith und Sven Piayda noch immer funktioniert.

Der Hain
"Der Hain" stellt eine Vermischung von Motiven dar. Der Text greift Bilder romantischer Naturbetrachtung auf und übersteigert sie ins beklemmend Alptraumhafte. Die eigentliche Schönheit wird immer mehr verzerrt, das Organische scheint zu etwas Unberechenbarem heranzuwuchern, die Natur selbst wird zu einer immer deutlicher spürbaren Bedrohung für den Menschen. Das ist grotesk. Aber dies ist kein Erfahrungsbericht von einem schlechten LSD-Trip, noch ein Aufguss existentialistischer Paradigmen. Was mir als Autor an dieser Vertonung am meisten gefällt, ist, wie die Musik und besonders die Stimme von Mr. Smith die traumartige, gespenstische Atmosphäre des Gedichtes steigert und greifbar macht. Well done.

Bewegt und furchtsam auch
"Bewegt und furchtsam auch" ist ein alter Text. Interessant finde ich, dass er jetzt zeitgleich mit "Der Hain" aufgenommen wurde. Denn auch dieser Text hat einen deutlichen Bezug zur Naturromantik des 19. Jahrhunderts. Aber im Gegensatz zu "Der Hain" ist dieses Gedicht wesentlich stärker dieser Tradition verpflichtet. Die Percussions, mit denen dieses Lied unterlegt ist, empfinde ich als gewöhnungsbedürftig. Dafür wird man im zweiten Teil des Liedes mit einem hervorragenden Gitarrensolo von Sven entschädigt. Sehr eigentümlich, aber auch sehr gut.

Vielen Dank Euch beiden,
Dirk Wienecke