2018-02-23 'adaptation (you´re mine)' introduction speech by irma gublia
 


Ich möchte Ihnen Sven Piayda kurz vorstellen. Für diejenigen, die ihn noch nicht kennen: Sven Piayda lebt und arbeitet in Mülheim an der Ruhr und in Luxemburg. Er hat an der Universität Essen Gestaltungstechnik studiert.
Sven Piayda hat an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen und arbeitet an der Schnittstelle zwischen Fotografie, Video und Klangkunst. Die Liste seiner Ausstellungen kann man im Katalog, der zu Ausstellung erschienen ist, oder in der gesondert ausgedruckten Biografie nachlesen.
Seit 2006 unterrichtet Sven Piayda Bildbearbeitung, vektorbasiertes Gestalten, computergenerierte Bilderstellung, digitale 3D-Gestaltung und Audiovision. Des Weiteren hält er Vorträge zum Digitalen in der Kunst und ist als Musiker mit verschiedenen Projekten unterschiedlichster Stile wie AESTATE und Record Of Tides aktiv.
Sven Piayda hat einige Preise gewonnen, unter anderen den Ruhrpreis für Kunst und Wissenschaft (Förderpreis).


In der heutigen Ausstellung sehen wir Bilder die gerade diese Schnittstelle zwischen Fotografie, digitaler 3D Gestaltung, am Computer generierter Bildererstellung und Videokunst zeigen.


Aber zunächst möchte ich auf den Titel der Ausstellung hinweisen: ‚Adaptation (You 're Mine)' der sowohl den Entwurf der Ausstellung als auch das gesamte Konzept von Sven Piayda Kunst wiederspiegelt. In den Bildern erkennen wir bekannte Werke aus der Kunstgeschichte und den Medien; so in der Arbeit ‚Eve' Rodins ‚Eva' die auch gleichzeitig eine Anspielung auf die ‚Frauen' des modernen Künstlers Thomas Schüttes ist.


Oder die berühmte Serie ‚Vier Jahreszeiten' des italienischen Meisters des Manierismus Archiboldo: Sven Piayda hat sie bearbeitet und als Postkarten an die Wand angebracht bzw. auf den Boden gelegt, wie sie von der Wand abgefallen wären. Dies soll die Besucher anregen die Karten zu "stehlen" (mitnehmen) um den Aneignungsprozess selbst zu erfahren.


Die Landschaften der Serie "Mediaval Landscapes" entstanden dadurch, dass Sven Piayda die Landschaft aus dem Hintergrund der "Mona Lisa" separierte. Anschließend legte Sven Piayda einzelne Bilder digital übereinander. Sie verschmolzen daraufhin zu diesen vier neuen Landschaften.


Ähnliches Vorgehen sehen wir in den abstrakten Bildern ‚Okkult Mainstay After Hilma af Klingt'. Piayda adaptierte ihre vier Bilder und legte jeweils 3 digital übereinander. So entstand eine eigene ‚okkulte' Serie. Kurz zu Hilma af Klint (1862-19449): Sie war eine schwedische Künstlerin des 20. Jahrhundert. Sie gilt als Pionierin der abstrakten Malerei, deren Arbeiten von Okkultismus inspiriert waren. Sie verfügte, dass Ihre Werke frühestens 20 Jahre nach ihrem Tod ausgestellt werden durften.


Den gleichen Arbeitsprozess beobachten wir in der idyllischen Landschaftserie ‚Cow und Shells' (After Gerad Bilder), in denen sich in der Mitte des Bildes ein digitales 3D Muschelobjekt befindet, oder ein "Nugget" - in der Mitte des Landschaft ein überdimensionale Goldstück (basiert auf der digitalen Form eines Himmelsobjekt), oder in dem Video das die Skulptur des Dornausziehers präsentiert. Uns überrascht die ungewöhnliche Marsianische Landschaft, die wir mit dieser antiken Figur nicht verbinden weil sie eher uns eher an ein museales Exponat erinnert.

So spielt Sven Piayda mit der postmodernen Idee des Remixes.
Die Wegbereiterin der ‚Pictures Generation" war Elaine Sturtevant, die einst formulierte: die Kopie wird hier zum Original.
Heute ist in der populäre Musik das Sampeln üblich, die Montage neuer Songs aus Bruchstücken bestehender Musiken: Hip-Hop, Techno oder DJ Kultur - alle greifen auf kreative Aneignung vorhandenen Materials zurück. In der Bildenden Kunst gibt es schon lange diese Tendenz anzuknüpfen an existierende Werke, diese umzuschreiben und umzudeuten. Diese Kunstrichtung wurde Apropriation Art genannt. (apropriare Lat. Zu eignen machen)

Daher möchte ich selbst den Künstler fragen:
Wie stehst du zur Kunstrichtung Appropriation Art und zu deren Vertretern wie Richard Prince, Cindy Shermann, Luise Lawler, Scherrie Levine?

Ich sehe mich nicht in der Tradition der Appropriation Art, es geht mir weniger um das Aneignen, mehr um das Weiterverarbeiten. Die Postmoderne ist das Zeitalter des Rückgriffs und Remixes. Zudem entsteht ein Bild ohnehin aus einer Tradition heraus. Die aktuelle Ausstellung fokussiert diesen Rückbezug sehr stark. Richard Prince finde ich sehr interessant, er ist aber kein direkter Einfluss für die Ausstellung. Louise Lawler finde ich in diesem Kontext schon interessanter, allerdings macht sie Kunst über Kunst, was ich als sehr hermetisch empfinde. Ich denke es geht mir eher um Bilder über Bilder, ihrer Tradition und dem, was sie heute sein können.

Nach welchem Prinzip wählst du die Bilder/ein Motiv für deine Werke aus?

Als Fotograf versuche ich Bilder oft als Landschaftsbilder anzulegen, denen erst in der Postproduktion ein Motiv hinzugegeben wird. Bei Daten aus dem Netz interessiert mich besonders Footage aus dem Weltraum und 3D-Scans bekannter Skulpturen. Für ein Bild interessant wird es dann, wenn man es so verwenden kann, dass es nicht mehr um das reine Abbilden der Welt geht, sondern um eine Aussage über das Bild getroffen werden kann. Das Motiv oder Inhalt steht immer im Dienst des Themas: dem kritischen Umgang mit allen Bildern und ihrer Einordung in ihre jeweiligen Kontexte.

Wie entstehen deine Bilder?

Viele dieser Arbeiten basieren auf Fotografie: Ich fotografiere viel und verwende das, was ich für brauchbar halte, weiter. Genauso recherchiere ich im Internet nach gemeinfreiem Bild-und Datenmaterial, welches ich weiterverwende und kombiniere. Zum einem muss das Ergebnis als Bild funktionieren, zum anderen muss es über seine Oberfläche hinaus gehen. In den Videos kombiniere ich auch selbst aufgenommenes Filmmaterial, Stock Footage, CGIund Animation. Für die aktuelle Ausstellung werden Videoloops zu komplexeren Erzählungen kombiniert und verhandeln mediale Themen -wobei sie inhaltlich gern auf Kunstgeschichte, Popkultur und Wissenschaft zurückgreifen. Der technische Prozessist mal mehr und mal weniger aufwendig, endet jedoch immer mit dem Rendering: Der Computer rechet alle Eingriffe in das finale Bild ein.

Zur Ausstellung erschien ein Katalog. Die Texte wurden u.a. von Carsten Roth und Michael Em Walter geschrieben.

Irma Gublia-Segerath

Galerie Gublia, Essen